Auf meinem Schreibtisch gibt es einen hohen Stapel, der im Laufe der Zeit wächst und Papiere beherbergt, die nicht sofort einzuordnen sind: sei es die Karte vom Sushi-Lieferservice, die Unbedenklichkeitsbescheinigung für den Metzeler 120/90-18 71 H Reinforced Marathon Front ML2 oder der Beschränkte Garantie und Support-Leitfaden für den HP-Rechner.
Das ein oder andere spannendere Schriftstück ist auch dabei. Wenn es gebraucht wird; finde ich es ziemlich schnell – Voraussetzung ist: keiner hat den Stapel umgeräumt, gedreht oder die Reihenfolge geändert. Hat wohl was mit einem visuell geprägtem Gedächtnis zu tun.
Aber wehe jemand anders kommt und sucht etwas – da hilft auch kein Telefon-Support – wichtiges bleibt unentdeckt, der Reiz der oben auf liegenden Unbedenklichkeitsbescheinigung erschließt sich nicht. Da will so mancher gar nicht erst stöbern – was auf meinem Schreibtisch ja auch nicht sooo gerne von mir gesehen wird.
Anders im Web – hier will man ja; dass Andere stöbern. Sicher gibt es auch interessante Artikel, Berichte, Bilder und Meinungen.
Aber es kommt immer mal jemand vorbei und legt was auf den Stapel der amüsant anregenden Informationen.
Werbezettel, dreimal weitergeleitete Artikel über die Baustellensituation in Berlin, neunmalkluge Kommentare zur Wirtschaftskrise – nach dem Motto: haben wir schon immer gewusst, keiner hat uns geglaubt.
Der Informationsfluss aller gängigen “Sozialen Dienste” ist somit eindimensional wachsend – wie der Stapel auf dem Schreibtisch nach oben. Auf der Suche nach Interessantem muss man sich nach unten durchwühlen – aber ist man sich auch sicher dass sich die Mühe lohnt? Oder hofft man auf die Gunst der Stunde genau in dem Moment auf den Schreibtisch geschaut zu haben, wenn jemand gerade die Meldung der Woche – wenn nicht gar des Jahres – auf den Stapel legt.
Wer selber schreibt, bekommt sich auch irgendwann Motivationsstörungen wenn er seine schönsten Niederschriften unter den Minderspannenden schon oben erwähnten Zettelchen vor den Augen seiner möglichen Fans verbergen muss.
Hätte Shakespeare seine Werke bei Google+, twitter oder facebook veröffentlicht – wer weiß ob dann nach The Comedy of Errors weitere Stücke gefolgt wären. Oder ob sich die Leser gelangweilt von dem Schlagabtausch mit Robert Greene abgewandt hätten (Voraussetzung dabei natürlich das Greene in den Kreisen von Shakespeare oder zumindest sein Freund bei Facebook war)
Dem Web der Zukunft fehlt also die Mehrdimensionalität, mit der man das Interessante aus den Stapel der Banalitäten herausstellen kann. Köder für den Leser auswerfen oder wie immer eine Analogie hierfür aussehen kann.
Vielleicht kommen dabei ja mehr Shakespeares der Neuzeit an das Tageslicht als wir bisher vermuten – was begrüßenswerterweise dazu führen könnte, dass sich die ganze Nation nicht mehr auf die – bisher immer erfolglose – Suche nach dem Superstar begeben braucht.
Wie die Lösung aussieht weiß ich nicht – aber derjenige, der sie anbieten kann wird der WebShaker des mehrdimensionalen Internet – Web 4D! (Ohne Shutterbrille – bitte!)